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Rede zur Verab­schiedung des Doppel­haus­haltes 2023/2024

Die Heidel­berger, Larissa Winter-Horn (Frakti­ons­vor­sit­zende)

[Es gilt das gespro­chene Wort]

Sehr geehrter Herr Oberbür­ger­meister,

sehr geehrte Dame und Herren Bürger­meister,

liebe Kolle­ginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen & Herren,

ich blicke mit gemischten Gefühlen auf die vergan­genen acht Wochen zurück:

Ich bin froh, dass eine große Mehrheit ein gemein­sames Paket geschnürt hat.

Für uns ist die inhalt­liche Diskussion zu den einzelnen Änderungs­an­trägen jedoch zu kurz gekommen bzw. wurde abgeblockt. Wir legen mit dem Haushalt weitrei­chende Dinge fest und bewegen nicht nur kleine Summen. Da hätten wir eine inhalt­liche Ausein­an­der­setzung erwartet. Wenn ich dazu als Argument höre, dass man nicht die Zeit und Lust hat, über 400 Anträge zu disku­tieren, gebe ich ganz einfach den Tipp, dass eine einzelne Fraktion auch nicht 100 Änderungs­an­träge stellen muss.

Und noch dreister ist es, wenn man sich einfach heraus­nimmt, das Verfahren zu ändern, statt Anträgen sechs Themen­felder definiert und dann die Mitar­bei­tenden der Verwaltung eine Woche damit beschäftigt, daraus die notwe­nigen Anträge zu formu­lieren – 100 Stück an der Zahl. Und dem Laien – oder zumindest der Presse – ist es nicht mal aufge­fallen.

Für uns hat sich bestätigt, was ich bereits vor acht Wochen gesagt habe:

In zu vielen Bereichen soll über das hohe Niveau der Stadt Heidelberg hinaus noch etwas „drauf­ge­sattelt“ werden – wo zum Teil die Sinnhaf­tigkeit in Frage steht! Wer die Änderungs­an­träge aufmerksam gelesen hat und sieht – um nur mal ein Beispiel zu nennen –, dass die Grünen einen „Masterplan Tisch­ten­nis­platten“ beantragen, fragt sich sicherlich wie wir, ob wir in Heidelberg keine anderen Probleme haben.

Oder: Die Tarif­stei­ge­rungen, die die Förder­geld­emp­fänger von der Stadt Heidelberg erhalten, reichen nicht aus, es muss bei ausge­wählten Themen noch „eine Schippe drauf gesetzt“ werden, die nun Jahr für Jahr den Haushalt mehr belastet.

Deshalb ist es unser erklärtes Ziel, bis zum nächsten Doppel­haushalt, die Förder­richt­linien der Stadt Heidelberg zu überar­beiten. Wir leisten gerne Hilfe zur Selbst­hilfe, aber alle Förder­geld­emp­fänger dürfen sich nicht auf der Unter­stützung der Stadt Heidelberg ausruhen, sondern müssen sich auch ander­weitig um Einnahmen kümmern. Wir kofinan­zieren gerne gute Angebote – diese müssen sich aber den tatsäch­lichen Bedarfen anpassen, weite­ren­wi­ckelt oder auch mal einge­stellt werden, wenn die Situation sich ändert – auch hier müssen wir mutiger und v.a. ehrlicher werden.

Einer unserer Leitan­träge war und bleibt ein realis­ti­scheres Inves­ti­ti­ons­pro­gramm: Weil die letzten Haushalts­jahre gezeigt haben, dass weder die geplanten Inves­ti­tionen umgesetzt wurden noch die prognos­ti­zierte Neuver­schuldung erreicht wurde, hätten wir uns eine kritische Diskussion darüber gewünscht, was in diesem Doppel­haushalt überhaupt realis­tisch umgesetzt werden kann. Das hat auch etwas mit Ehrlichkeit gegenüber den Bürge­rinnen und Bürgern zu tun.

Übrigens kriti­siert auch der Rechnungshof solche „Ausga­ben­reste“ vermehrt.

Weshalb dieser Leitantrag gleich in der ersten Verhand­lungs­runde von den Grünen als KO-Kriterium heraus­ge­strichen wurde, können wir nach wie vor nicht verstehen. Wie kann man dagegen sein, dass man versucht, nur die Summen einzu­stellen, die in diesem Doppel­haushalt auch tatsächlich bewirt­schaftet werden können?

Weil in diesem Haushalt nicht alles umgesetzt werden kann – vor allem, weil nach Geneh­migung des Doppel­haus­haltes nur noch etwas mehr als ein Jahr zur Verfügung steht, haben wir eine stärkere Priori­sierung gefordert – und zwar eine fakten-basierte – statt politi­scher Entscheidung oder sollen wir bereits sagen „Wahlkampf­ge­schenke“. Es wird wieder bedient, wer am lautesten nach mehr schreit, ohne dass man sich vorher mit den Hinter­gründen ausein­an­der­setzt. Mit dem Ergebnis, dass Anderes auf der Strecke bleibt, obwohl der Bedarf dring­licher wäre.

Erschre­ckend ist für uns, dass der Wirtschaft in Heidelberg so wenig Bedeutung zugemessen wird und das, obwohl es die Gewer­be­steu­er­ein­nahmen sind, die uns erlauben, den Bürge­rinnen und Bürgern so vielfältige Angebote zu machen.Unsere Fraktion Die Heidel­berger musste bis zuletzt dafür kämpfen, dass es ein einziger Antrag in das Änderungs­paket geschafft hat, der zur Förderung der Wirtschaft beiträgt.

Und da wir gerade beim Thema Wirtschafts­för­derung sind: Wenn man mal über den Tellerrand hinaus­schauen würde, würde man erkennen, dass auch die Europäische Kultur­haupt­stadt eine Wirtschafts­för­de­rungs­maß­nahme ist. Kultur ist nicht nur Motor für die Stadt­ent­wicklung neuer Quartiere, sie ist auch das Herz gewach­sener Quartiere. Und an anderen Städten kann man sehen, welche positiven Effekte zum Beispiel auf Tourismus, Gastro­nomie und Handel erzielt wurden. Diese Impulse würden wir uns gerade jetzt für unsere Innen­stadt und auch die Stadt­teile wünschen, dort schließen aktuell – oder eröffnen gar nicht erst – die so wichtigen inhaber­geführten Lokali­täten; eine nach der anderen. Es wäre gerade jetzt eine wichtige Unter­stützung des Mittel­standes und damit für die ganzheit­liche Entwicklung unserer Stadt.

Aber das wird nicht gesehen und die Chance wird „mal wieder“ vertan, weil im Vorder­grund steht, den OB für seine Heran­ge­hens­weise abzustrafen! Unsere Aufgabe als Stadt­rä­tinnen und Stadträte ist es, Entschei­dungen für die Stadt und die Stadt­ge­sell­schaft zu treffen und nicht gegen die vorraus­schau­enden Ideen des Oberbür­ger­meisters.

Wir haben uns weiterhin dafür stark gemacht, dass der ÖPNV für Kinder und Jugend­liche in Heidelberg günstig bleibt. Mit dem Kompromiss 9 € statt 3 € im Monat können wir leben. Und so bleibt die deutliche Entlastung für alle Familien in Heidelberg erhalten. Dass Heidelberg eine famili­en­freund­liche Stadt ist, ist uns wichtig und leitet uns.

Neben der Entlastung für die Eltern bringt das günstige Ticket viele Vorteile für die Kinder und Jugend­lichen: Sie werden an öffent­liche Verkehrs­mittel heran­ge­führt und speichern sie als Mobili­täts­mög­lichkeit ab. Sie nutzen das Ticket nicht nur für die Schule, sondern auch in der Freizeit und sie können ihren Bewegungs­radius erhöhen. Das vergangene Jahr hat uns lernen lassen, dass es wichtig ist, alle Familien, Kinder und Jugend­liche zu fördern statt auch hier wieder zu diffe­ren­zieren.

Trotz einem gewissen Maß an Unzufrie­denheit werden wir dem vorge­schla­genen Doppel­haushalt bzw. dem gemein­samen Änderungs­paket zustimmen, denn:

1) Durch die Änderungs­an­träge wird die (ohnehin schon grenz­wertig hohe) Neuver­schuldung der Stadt nicht erhöht.

2) Unsere Änderungs­an­träge, die uns besonders wichtig waren, sind im Wesent­lichen enthalten und wir sind davon überzeugt, dass mit diesen Änderungs­an­trägen in den nächsten Jahren ein Beitrag zur Haushalts­kon­so­li­dierung geleistet werden kann.

Das erste wichtige Ziel ist für uns, dass die Verwaltung fit für die Zukunft gemacht wird

Dazu haben es einige Anträge von uns und anderen ins Haushalts­paket geschafft.

Nun kann die Stadt­ver­waltung damit arbeiten!

Es geht um eine auskömm­liche Perso­nal­aus­stattung, angemessene Bezahlung, aber auch Zusatz­leis­tungen, moderne Arbeits­weisen und Arbeits­plätze (v.a. für die Verein­barkeit von Familie und Beruf) oder auch dass das geplante 2. Ausbil­dungshaus auch für städtische Auszu­bil­dende zu Verfügung steht.

Mit am wichtigsten ist für uns aber, dass „neue“ Mindset:

1) Stichwort Ermög­li­chungs­kultur: Die Mitar­bei­tenden der Stadt­ver­waltung sind Botschafter für unsere Stadt. Für Heidelberg. Wir erwarten von ihnen ein lösungs­ori­en­tiertes Arbeiten für Bürge­rinnen und Bürger wie für Unter­nehmen. Der Ansatz muss sein, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, statt damit zu beginnen, was aus welchem Grund nicht möglich ist.

2) Ein neues Mitein­ander innerhalb der Verwaltung, eine bessere Verzahnung der Ämter, um schnellere Lösungen zu ermög­lichen.

Ein zweiter Schwer­punkt ist „Flächen strate­gisch und nachhaltig nutzen“

Wenn sich die Stadt entwi­ckeln soll, wir zusätz­lichen Wohnraum zur Verfügung stellen wollen und Unter­nehmen und Start-ups ermög­lichen wollen, sich in Heidelberg anzusiedeln oder zu erweitern, ist ein besonders voraus­schau­ender Umgang mit den zur Verfügung stehenden Flächen erfor­derlich.

Deshalb wird auf unseren Antrag hin die Stelle eines Flächen­ma­na­gers/-managerin geschaffen für ein proak­tives Upcycling von Gewer­be­flächen. Auf diese Weise kann stärker darauf Einfluss genommen werden, dass sich quali­tät­volle Unter­nehmen in Heidelberg ansiedeln, wenn Gewer­be­flächen frei werden bzw. zur Entwicklung bereit­stehen. Dabei müssen die Ämter für Liegen­schaften und Wirtschafts­för­derung inein­an­der­greifen und auch die Verzahnung mit der Region sollte weiter ausgebaut werden. Das inter­kom­munale Gewer­be­gebiet mit Leimen bildet den ersten Schritt. Dann können mittel- bzw. länger­fristig auch noch höhere Gewer­be­steu­er­ein­nahmen generiert werden.

Genauso durch­dacht müssen wir mit Flächen für Wohnraum umgehen.

Ein folge­rich­tiger Ansatz ist die Umsetzung des Themen­feldes „Neue Wohnformen“ als ein Aufga­ben­schwer­punkt des neu einge­rich­teten Referats für Finanzen, Wohnen, Liegen­schaften und Konversion.

Auch unser zusätz­liches Ziel „Mehrfach­nutzung von Flächen“ hat es in das Haushalts­paket geschafft: Es sollte geprüft werden, ob Garagen­dächer, Discounter-Märkte, Büro- und Verwal­tungs­ge­bäude oder Parkhäuser mit der Funktion Wohnen oder auch Anderem aufge­stockt werden können. Eine bereits bebaute Fläche kann so ein zweites Mal genutzt werden und es müssen keine neuen Flächen dafür versiegelt werden.

Und schließlich haben wir gemeinsam ein ganzes Paket auf den Weg gebracht, damit wir beim Thema Schul­sa­nie­rungen – und auch anderen städti­schen Gebäuden – schneller voran­kommen:

Zum einen soll das Hochbauamt sowohl personell als auch finan­ziell besser ausge­stattet werden. Von der SPD kommt der wichtige Impuls, die GGH auch beim Thema Schul­sa­nie­rungen verstärkt mit ins Boot zu holen, um mit doppelter Kraft voran­zu­kommen.

Von uns kommen die entschei­denden struk­tu­rellen Maßnahmen: Auf unseren Antrag hin wird die Stelle eines Schul-Sanie­rungs-Koordi­na­tors/-in geschaffen als Binde­glied zwischen den Schul­lei­tungen, dem Gesamt­el­tern­beirat und der Verwaltung, aber auch für eine bessere Verzahnung von Schulamt und Hochbauamt bzw. als Schnitt­stelle zwischen Schulamt und GGH. Die inhalt­liche Verant­wortung liegt im Dezernat IV – mit dem neuen Leiter des Amtes für Schule und Bildung kann diese Verant­wortung ausgebaut werden.

Darüber hinaus haben wir beantragt, dass eine Arbeits­gruppe einge­richtet wird bestehend aus Verwaltung, Vertre­tern/-innen des Gemein­de­rates, den geschäfts­füh­renden Schul­lei­tungen und dem Gesamt­el­tern­beirat, um künftige Baumaß­nahmen nachvoll­ziehbar, planbar und bedarfs­ge­recht anzugehen.

Für all dies hat das Hochbauamt, dass sich – was vielen gar nicht bewusst ist –

in dieser Form erst seit 4 Jahren im Aufbau befindet, gute Grund­lagen geschaffen: Es musste nämlich erst einmal in Erfahrung gebracht werden, dass über 700 Gebäude in der Verant­wortung der Stadt Heidelberg sind und im zweiten Schritt wurde unter­sucht, welche Sanie­rungs­be­darfe an welchen Gebäuden bestehen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch einfach Mal meine Anerkennung für

Herrn Heußer und sein gesamtes Team zum Ausdruck bringen!

Mit dieser Grund­la­gen­analyse und der verbes­serten Ausstattung kann das Hochbauamt nun durch­starten und die Prozesse optimieren, so dass wir bei der Instand­haltung der städti­schen Gebäude endlich aufholen – was uns länger­fristig auch Kosten sparen wird.

Bei einem Punkt konnten wir uns leider nicht durch­setzen: Basierend auf der Grund­la­gen­analyse hat das Hochbauamt eine Priori­tä­ten­liste erstellt, an welchen Schulen die dring­lichsten Sanie­rungs­be­darfe bestehen und wo vor allem Gefahr im Verzug ist.

Wir haben deshalb an die Kolle­ginnen und Kollegen im Gemein­derat appel­liert, sich an diese Priori­tä­ten­liste zu halten. Wir bedauern, dass die Mehrheit hier nicht fakten­ba­siert entscheidet, sondern danach wer am lautesten schreit. Uns geht es um ehrliche Priori­täten statt um Geschenke zum bevor­ste­henden Kommu­nal­wahl­kampf.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich freue mich für jede Schule, die saniert wird. Aber wenn die Schulen vorge­zogen werden, bei denen sich die Eltern am lautesten zu Wort melden, haben die Schulen ohne akade­misch besetzten Eltern­beirat das Nachsehen, weil sich die Eltern nicht darum kümmern, obwohl die Bedarfe vielleicht dinglicher sind. Wir bevor­zugen eine trans­pa­rente Priori­sierung der Fachämter –

idealer­weise unter Einbindung der Betrof­fenen bzw. Nutzer.

Hinzu kommt, dass beim Einstellen zusätz­licher Baupro­jekte nicht einmal eruiert wurde, ob die einge­stellten Mittel in diesem Doppel­haushalt überhaupt bewirt­schaftet werden können. Für uns sind das Geschenke, die nicht eingelöst werden können. Deshalb stehen manche Projekte seit zehn Jahren im Haushalt und sind noch nicht umgesetzt – was so viel Frustration erzeugt!

Wir machen mit unseren Anträgen keine Geschenke, sondern haben alle Bürge­rinnen und Bürger im Blick, die Entwicklung der gesamten Stadt und ihrer Stadt­teile – dafür steht die Wähler­ver­ei­nigung Die Heidel­berger!

Vielen Dank für ihre Aufmerk­samkeit. Wir freuen uns, mit diesem Haushalt die Zukunft unserer Stadt gestalten zu können!